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Zum Ende der Seite springen Alter Lungenfacharzt spielt die Medien wie ein Casio-Keyboard Klartext
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Alter Lungenfacharzt spielt die Medien wie ein Casio-Keyboard Klartext: Politik auf Lunge geraucht


Dieser Tage geistert ein merkwürdiger Streit durch die Medien. Sie ahnen es: Heute sprechen wir über die Lungenärzte-Geschichte. In einem offenen Brief schreibt Dr. Dieter Köhler von Schwächen der Wissenslage im Bezug auf Feinstaub und Stickoxide. Darin prangert er Schwächen der Epidemiologie an, die keinem Epidemiologen neu sind, weil er sie selber gleich ins Abstract seiner Studien schreibt. Er nimmt Zigarettenraucher als Argument für eine freiwillige Selbstmedikation mit NOx und Feinstaub, worin er genauso viel vermischt wie eine epidemiologische Metastudie, allerdings nichts von den entstehenden Fehlern zu korrigieren sucht. Dazu schreibt er Dinge, die wahr sind, aber nie jemand bestritten hat, also Allgemeinplätze zu „Korrelation ist keine Kausalität“. Daraus wurde, was er wahrscheinlich beabsichtigt hat: ein Politikum.

Der wissenschaftliche Diskurs nervt. Ruft die Bild!

Zwar behauptet Dr. Köhler, er wolle die überemotionalisierte Diskussion versachlichen, wählt dann aber den Weg der Emotionen, nämlich den der Medien. Warum zum Beispiel drückt Dr. Köhler gerade jetzt dieser Schuh? Wenn er die Methoden beim Zustandekommen der strengen Grenzwerte schlecht fand (wo ich durchaus bei ihm bin), warum kritisierte er das nicht dann, als diese Dinge entschieden wurden, als man am sinnvollsten etwas tun konnte? Als Lungenfachmann wird er diese Diskussion doch sicher auf dem Schirm gehabt haben?

Stattdessen ploppt er seinen Brief mit bestem Timing direkt an den Moment, an dem die DUH die öffentlichen Emotionen so überreizt hat, dass dieser kleine Verein dem deutschen Normalbürger schlimmer erscheint als die Betrüger bei Volkswagen. Köhlers Koautor: Thomas Koch, am KIT im Bereich Kolbenmaschinen tätig, früher beim Daimler in der Motorenentwicklung. Ich glaube an den Zufall. Ich weiß um die Eigenheit des Zufalls, dass er Häufungen zeigt (weil zu mehr Gleichmäßigkeit nicht-zufällige Kräfte wirken müssten). Aber hier handelt es sich um eine Verkettung von Umständen, die der Zufall in etwa so wahrscheinlich hervorbringt wie den koordinierten Sprung sämtlicher Atome meiner Teetasse vom Tisch herunter.

Emotionen sind wichtiger als neue Erkenntnisse

Dr. Köhler sagt, er habe das Schreiben „aufgrund der aktuellen politischen Entwicklung“ verfasst. Die Entwicklung passte ihm schon im vergangenen Jahr nicht, als er etwas dazu im Ärzteblatt schrieb, zu dem in einer Folgeausgabe ein Kollege widersprach. So läuft das halt in der Wissenschaft. Am Ende kommt manchmal ein Erkenntnisgewinn heraus, selbst wenn der nur darin besteht: „Neue Erkenntnisse könnte Experiment X liefern.“ Und genau hier verliert mich Herr Köhler am meisten: Seine genannten Schwächen könnten, sollten, müssten mit gezielter Forschung angegangen werden, für die aktuell ein breites öffentliches Interesse existiert und mit diesem potenzielle Forschungsgelder. Das hätte er mal verlangen sollen, dann hätten Wissenschaftler zustimmend genickt – allen voran Epidemiologen, die ja ihre Rechenmodelle mit den Ergebnissen erheblich verbessern könnten.

Stattdessen appelliert er an den gesunden Menschenverstand, der immer das glaubt, was eine schlüssige Geschichte erzählt. Die liefert Köhler gleich mit, im perfiden Narrativ, dass es Interessenkonflikte gebe, von denen nur er frei sei. Das ist natürlich eine Supersau, die wir Medien dann durchs Dorf peitschen können. Ich schwinge hier mein Peitschchen fleißig mit. Weiterbringen wird uns das nicht, es zahlt nur meine Rechnungen. Und Dr. Köhler freut sich. Vielleicht hat er einfach die Nase voll vom wissenschaftlichen Diskurs mit der blöden Faktendebattiererei immer. Der Laie sei der neue Leser.

Lieber in der Welt, der Zeit und der FAZ stehen statt im miefigen Ärtzeblatt. Diese Publikationen können dann – je nach eigener politischer Ausrichtung – schön mit Auslassungen spielen, die schon bei der Relevanz anfangen. In absoluten Zahlen haben 112 Mitgliedsärzte der „Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V.“ (DGP) seinen Rundbrief unterzeichnet. Klingt erstmal super, wie so viele absolute Zahlen.

Ich traue keiner Statistik, aber jeder urbanen Legende

In Relation zur Mitgliederzahl, die kontaktiert wurden, schaut es schon wieder anders aus: Der Verein hatte zur Zählung Ende 2017 4028 Mitglieder. Es geht also um rund 3 Prozent. Der Rest der Gesellschaft bleibt zu weiten Teilen eher bei der aktuellen Ansicht, dass auch geringe Konzentrationen schädlich sein könnten. Das tun sie zur selben Sicherheit, aus der heraus auch die sehr niedrigen Grenzwerte entstanden.

Andere Mitglieder werden schlicht keine Lust gehabt haben, sich in einen dummen öffentlichen Streit hineinziehen zu lassen. Ich meine: Wer von uns Laien vertraut schon der Statistik? Wenn ich eine Geschichte höre, wie im Ort ein Einbrecher umgeht, da klingeln dann aber die Kassen bei Abus! Da rufe ich doch nicht bei der Polizei an zur Analyse der Inzidenzhäufigkeit, sondern ich terrorisiere DHL, damit sie mir meine zehntausend neuen Io(s)T-Schlösser schneller herdieseln.

Verdurstender

Der Erfolg gibt Dr. Köhler recht. Verkehrsminister Scheuer stürzte sich auf den Brief wie ein Verdurstender auf einen Gatorade-Transport durch die Sahara. Man müsse die öffentliche Debatte „vom Kopf wieder auf die Füße stellen“, forderte er, vorherigen Fehlstand um 180° implizierend. Wir sollen mehr über die „positive Seite von Mobilität“ sprechen, als ob wir die nicht kennen. Jeder von uns ist froh, dass er zur Oma fahren kann und nicht zehn Stunden durch ein finsteres Mittelgebirge wandern muss, in dem er beim vierten Mal umkommt und die Oma glaubt, es war Rübezahl. Wenn wir über die Errungenschaften des Fortschritts reden, können wir die erst richtig in Bezug setzen, wenn uns der Preis bewusst wird. Dieser Preis war zu Zeiten von Kohle im Ofen und Blei im Benzin offensichtlicher. Das heißt noch lange nicht, dass er heute bei null liegt.

Politik aus dem Würfelbecher

Meine eigene Ansicht vor allem zum Thema Stickoxid ist gut belegt: Ich halte die Werte für sehr niedrig und den Tanz darum daher für übertrieben. Was wir aus wackeliger Epidemiologie wissen, ist zum Beispiel, dass der aktuelle Vermutungsstand Feinstaub als etwa zehnmal gefährlicher einstuft als Stickoxide (beides in niedrigen Konzentrationen um die Grenzwerte herum). Eigentlich sollte die DUH also in den Bonzenvierteln voller Holzöfen mit ihren Mundschutztüchern herumstehen, um auf den „Reichenfeinstaub“ (O-Ton Jörg Kachelmann) hinzuweisen.

Aktuell drehen sich die Volksgefühle aber um Stickoxide, also wird hier eine Arbeit hineingesteckt, die meiner Ansicht nach in keiner sinnvollen Relation zur Relevanz steht. Bin ich also für eine Änderung der Grenzwerte oder gar ein „Moratorium“, wie sie Köhler fordert? Nein. Ich bin dafür, in diese Richtung zu forschen, wenn alle vermuten, dass Stickoxide sehr schlimm sind, trotz gegenteiliger persönlicher Ansicht. Da bin ich Demokrat, genau wie beim Tempolimit. Warum? Weil wir sonst Politik gleich würfeln können.

Stabilität ist gefragt

Eine Berliner Lokalpolitikerin, deren Namen ich leider vergaß, sagte zu den Grenzwerten etwas Wichtiges, zu wenig Beachtetes: Man sollte auch zu suboptimalen Beschlüssen stehen, aus dem ganz einfachen Grund, dass Politik sonst keine Planungssicherheit schafft. Wenn es heute hü geht und morgen hott, wie soll dann jemand ein Auto bauen, eine Stadt verwalten, den Wohnort zur Gründung einer Familiendynastie auswählen? Stabilität ist die Grundlage freiheitlichen Wirtschaftens. Da sind viel zu niedrige Grenzwerte kein besonders schlimmes Hindernis. Im Gegenteil haben uns stetig mit gigantischen Sicherheitsreserven geschätzte Grenzwerte über die letzten Jahrzehnte zu massiv verbesserter Luft vor allem in den Städten geführt. Ziele geben uns eine Richtung. Sie dürfen daher unerreichbar sein. Die „Vision Zero“ will null Verkehrstote, ein absurdes Ziel, das schon gerissen wird, wenn der Erste blöd vom Fahrrad fällt. Lohnt es sich nicht trotzdem, dieses Ziel anzupeilen?
(cgl)


Quelle: https://heise.de/-4288188

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