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Zum Ende der Seite springen Österreich: Handydurchsuchung ohne Gerichtsbeschluss ist verfassungswidrig
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Österreich: Handydurchsuchung ohne Gerichtsbeschluss ist verfassungswidrig


Erschreckend leicht darf Österreichs Polizei Handys und Datenträger durchsuchen, Bürger müssen sogar Passwörter preisgeben. Verfassungsrichter stoppen das 2025.



Symbolbild (Bild: CIRA/.CA)



Die Durchsuchung von Handys und anderen Datenträgern durch Österreichs Polizei wird spätestens 2025 nicht mehr so leicht möglich sein.
Derzeit reicht schon der reine Anfangsverdacht, es könnte eine Straftat vorgefallen sein, um Datenträger samt Smartphones bei Bürgern sicherzustellen – selbst, wenn die Betroffenen selbst gar nicht verdächtigt werden.
Von den Geräten darf dann auch auf Daten zugegriffen werden, die anderswo gespeichert sind, beispielsweise online. Ein Richterbeschluss ist nicht erforderlich, es reicht eine Anordnung der Staatsanwaltschaft. Doch diese Regelung ist verfassungswidrig.

Das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Wien am Dienstag bekanntgegeben. Die geltenden Bestimmungen der österreichischen Strafprozessordnung (StPO) verstoßen sowohl gegen das Recht auf Datenschutz als auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Der VfGH gibt dem Gesetzgeber allerdings bis Ende 2024 Zeit, das Gesetz zu reparieren. Bis dahin dürfen Ermittler vorgehen wie gehabt. Die neue Regelung muss dann detaillierter sein, als ein bloßer Richtervorbehalt.


Der Fall in Kärnten

Den Fall ins Rollen gebracht hat ein Kärntner, gegen den wegen des Verdachts auf Untreue ermittelt wurde. Dabei ordnete die Klagenfurter Staatsanwaltschaft am 21. Juli 2021 an, das Handy und den Outlook-Kalender des Mannes sicherzustellen. Dagegen beschwerte sich der Betroffene bei Gericht, scheiterte aber. Also beantragte er beim VfGH die Aufhebung von Paragraph 110 Absatz 1 Ziffer 1 und Absatz 4 sowie Paragraph 111 Absatz 2 der StPO.

Die erstgenannte Bestimmung erlaubt die Sicherstellung von Beweismitteln auf Anordnung der Staatsanwaltschaft "aus Beweisgründen", in gewissen Fällen auch direkt durch die Kriminalpolizei ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft. Letztgenannte Bestimmung verpflichtet jedermann, bei Sicherstellungen Zugang zu elektronischen Daten zu gewähren, also auch Passwörter zu verraten und Kopien auszufolgen oder zu dulden. Ein Anfangsverdacht reicht. Das kann jeden treffen, Verdächtige, Beschuldigte, Zeugen, oder Dritte, auf deren Datenträgern sich vielleicht Hinweise zur möglicherweise stattgefundenen Straftat finden. Das gilt unabhängig von der Schwere der möglicherweise stattgefundenen Straftat.

Die Sicherstellung ist zu unterscheiden von der Beschlagnahme, bei der Sachen dauerhaft entzogen werden. Darüber müsste ein Gericht entscheiden. Allerdings läuft das bei Daten ins Leere. Sobald die Ermittler die Daten haben, interessieren sie sich für den Datenträger selbst nur selten. Daher kommt es kaum dazu, dass ein Gericht über die Beschlagnahme zu entscheiden hätte. Selbst wenn, ist die Privatsphäre bereits durch die Sicherstellung verletzt.


Smartphones verraten viel

Der betroffene Kärntner führte aus, dass die Sicherstellung eines Smartphones tiefe Einblicke in das Leben und die Privatsphäre erlaube, weil diese Geräte so viele Daten enthalten und zudem Zugriff auf weitere Daten ermöglichen. Gleichzeitig sehe die StPO bei weniger tiefen Eingriffen höhere Schutzniveaus vor, etwa bei Hausdurchsuchungen, Gentests oder dem Einblick in Bankkonten. Sogar die Feststellung der Identität einer Person durch die Kriminalpolizei ist in Österreich nur unter engeren Voraussetzungen zulässig. Die Sicherstellung eines Mobiltelefons ohne vorherige richterliche Kontrolle sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Bürgerrechte nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Paragraph 1 des Datenschutzgesetzes. (Paragraph 1 DSG ist eine Verfassungsbestimmung, Anmerkung.)


Das sieht auch der VfGH so, zumal in den Daten auch Dritte bloßgestellt werden können, die mit der möglicherweise vorgefallenen Straftat überhaupt nichts zu tun haben. Also hebt der VfGH die angefochtenen Bestimmungen auf, zur Begeisterung von Politikern aller Fraktionen. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gibt zu Protokoll, schon "seit Jahren" für eine Änderung zu kämpfen. Johannes Margreiter, Justizsprecher der liberalen NEOS, verlangt eine Reform noch im ersten Halbjahr 2024, sein FPÖ-Pendant Harald Stefan hält die Aufhebung für "absolut nachvollziehbar", und sowohl Justizministerin Alma Zadi (Grüne) als auch SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim "begrüßen" das Erkenntnis.


Richter alleine reicht nicht

Offen bleibt, warum angesichts der einhelligen Meinung der Parlamentsparteien die Rechtslage so ist, wie sie ist, und warum die Regierung im VfGH-Verfahren sowohl die Zulässigkeit der Beschwerde als auch deren Berechtigung bekämpft hat. Der bekannte Verfassungsjurist Heinz Mayer hat der Tageszeitung Der Standard seine Theorie verraten: "Das Problem besteht schon lange, im Grunde seit es Handys gibt. Es hat nur niemanden gekratzt, bis die Auswertung von Handys ein politisches Thema wurde durch die Untersuchungen gegen die ÖVP."

Mit einem Halbsatz wie "wenn ein Richter das genehmigt" kann sich der Gesetzgeber nicht aus der Affäre ziehen. Das halten die Verfassungsrichter in ihrem Erkenntnis ausdrücklich fest. Erforderlich sind genauere Vorgaben, insbesondere zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Parameter sind einerseits die Straftat: Wie schwer ist sie, welches Rechtsgut stützt der Straftatbestand, oder ist der Einsatz des Datenträgers gerade typisch für die Straftat (Computerstrafrecht), oder erlauben überhaupt nur bestimmte Straftaten die Sicherstellung von Datenträger.

Außerdem kommt es auf den Umfang der Auswertung an: Nur lokal gespeicherte Daten oder auch Zugriff auf externe Speicher, wird die Auswertung für alle Daten gestattet oder auf das erforderliche Ausmaß beschränkt, und welche Vorkehrungen gibt es, damit die Arbeit der Ermittler nachvollzogen und überprüft werden kann. In der VfGH-Verhandlung hat sich ergeben, dass Ermittler bei ihren Zugriffen auch Daten verändern, nachher aber nicht sagen können, was vorher dort gespeichert war.

Gleichzeitig fordert der VfGH Schutz für Betroffene, nachdem ein Richter die Sicherstellung genehmigt hat. Einerseits müssen sie jene Informationen erhalten, die notwendig sind, damit sie ihre Rechte wahren können. Andererseits soll es unabhängige Aufsicht geben, die prüft, ob sich die Ermittler an die Vorgaben des zukünftigen Gesetzes und der richterlichen Beschlüsse halten.


Und da war noch ein Problem

Die Ermittlungen gegen den Kärntner, dessen Smartphone verfassungswidrig sichergestellt wurde, sind laut österreichischen Medienberichten bereits eingestellt worden. Sein Verfahren hat noch ein weiteres Rechtsschutzdefizit offengelegt: Nachdem das Landesgericht Klagenfurt seine Beschwerde gegen die Beschlagnahme abgewiesen hatte, legte er Rechtsmittel beim Oberlandesgericht Graz ein und wandte sich gleichzeitig an den Verfassungsgerichtshof, worüber er auch das Oberlandesgericht informierte.

Für solche Fälle sieht Paragraph 62a Absatz 6 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 vor, dass das Gericht nicht entscheiden darf, bevor das VfGH-Verfahren abgeschlossen ist. Das Oberlandesgericht hat aber nicht zugewartet, den Hinweis des Kärntners ignoriert und gegen ihn entschieden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hält das für zulässig: Das Gericht habe erst dann Pause zu machen, wenn es vom VfGH über das anhängige Verfahren verständigt worden sei. Die Information durch den Beschwerdeführer selbst sei wirkungslos. Das führt zu einem Wettrennen mit der Post.

Im vorliegenden Fall hat das Oberlandesgericht schnell entschieden, die Post vom VfGH traf erst 15 Tage danach ein. Der VfGH führt zu dieser Lücke im Rechtsschutz nichts aus. heise online hat die zuständigen Ministerinnen Edtstadler (Verfassung) und Zadi (Justiz) Dienstagabend gefragt, ob und wie sie diese Lücke schließen möchten.

(ds)


Quelle: heise . de

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